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Körperbildstörung

 

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Körperbild

Das Körperbild beschreibt das innere Bild, das man sich vom eigenen Körper macht, d.h. das Bild vor dem inneren Auge des eigenen Körpers und der damit verbundenen Gefühle die man gegenüber dem eigenen Körper hegt.

Körperbildstörung

Eine Störung des Körperbildes ist ein Kernmerkmal von Essstörungen. Darüber hinaus ist sie ein Risikofaktor für die Entstehung und die Rückfallquote bei Essstörungen (Fairburn, Cooper & Shafran, 2003; Jacobi, Hayward, de Zwaan, Kraemer & Agras, 2004; Keel, Klump, Miller, McGue & Iacono, 2005; Stice, 2002). Störungen des Körperbilds können in seinen vier Komponenten auftreten (Cash, 2004; Thompson, 1999):

Die Perzeptive Komponente beschreibt die verzerrte Wahrnehmung des eigenen Körpers. Es gibt Studien, die zeigen, dass Patientinnen mit Anorexia Nervosa und Patientinnen mit Bulimia Nervosa im Vergleich zu Frauen ohne Essstörungen ihre Körperausmaße nicht korrekt einschätzen. Zumeist neigen Patientinnen dazu, ihre eigenen Körpermaße zu überschätzen (Schneider, Frieler, Pfeiffer, Lehmkuhl & Salbach‐Andrae, 2009; Vocks, Legenbauer, Wächter, Wucherer & Kosfelder, 2007).

Die kognitiv-affektive Komponente beschreibt einerseits die Bewertung des eigenen Körpers, also zum Beispiel als wie attraktiv man seinen Körper erlebt, andererseits die Wichtigkeit, die dem Körpergewicht und der Figur zugeschrieben wird, also zum Beispiel, was das Schanksein für einen persönlich bedeutet und damit einhergehenden Emotionen (Cash, 2011). Forschungsergebnisse zeigen, dass ein negatives Körperbild mit einer gedanklichen Abwertung des eigenen Körpers (Cserjési et al., 2010; Hilbert & Tuschen-Caffier, 2005) zusammenhängt. Auch haben einige Studien nahe gelegt, dass StudienteilnehmerInnen, die sehr unzufrieden mit dem eigenen Körper waren, sehr selektiv ihren Körper betrachten und zum Beispiel stark auf ihre selbstwahrgenommen, „negativen“ Körperregionen schauen, im Vergleich zu Studienteilnehmerinnen, die weniger unzufrieden mit dem eigenen Körper waren (Cordes, Bauer, Waldorf & Vocks, 2015; Tuschen-Caffier, Bender, Caffier, Klenner, Braks & Svaldi, 2015). Hinsichtlich der affektiven Komponente konnte gezeigt werden, dass Frauen mit starker Körperunzufriedenheit auch sehr starke negative Emotionen, wie z.B. Angst und Scham in Bezug auf den eigenen Körper berichten (Tuschen-Caffier, Vögele, Bracht & Hilbert, 2003; Vocks et al., 2007).

Die behaviorale (auf Verhalten bezogene) Komponente bezieht sich auf das Verhalten im Umgang mit dem eigenen Körper. Die Forschung zeigte, dass ein negatives Körperbild mit starker körperbezogener Vermeidung (Steinfeld, Waldorf, Bauer, Huber, Braks, & Vocks, 2018) einhergehen kann, so dass zum Beispiel sehr weite Kleidung getragen oder vermieden wird, den eigenen Körper im Spiegel anzuschauen. Eine andere Ausprägung der behavioralen Komponente kann sich auch in starkem Kontrollverhalten („Body Checking“; Nikodijevic, Buck, Fuller‐Tyszkiewicz, de Paoli & Krug, 2018) äußern, zum Beispiel durch das wiederholte und genaue Überprüfen bestimmter Körperregionen im Spiegel oder das widerholte Abmessen oder Abtasten bestimmter Regionen.

Essstörungen

Essstörungen sind psychische Störungen mit häufig sehr chronischem Verlauf. Kennzeichnend für Essstörungen ist der Fokus und ein ständiges Gedankenkreisen rund um die eigene Figur, das eigene Gewicht und Essverhalten. Zu den bekannten Essstörungen zählen Anorexia Nervosa (AN), Bulimia Nervosa (BN) und die Binge-Eating-Störung (Essattacken mit Kontrollverlust).

Anorexia Nervosa („Magersucht“) ist gekennzeichnet durch große Sorgen um Gewicht und Figur, selbst bei einem sehr niedrigen Gewicht und einem Verhalten, dass einer Gewichtszunahme entgegenwirkt.

Bulimia Nervosa ist ebenfalls gekennzeichnet durch große Sorgen um Gewicht und Figur. Dabei wechselt sich ein Verhalten von Essanfällen und kompensatorischem Verhalten, um einer Gewichtszunahme entgegenzuwirken ab.

Bei der Binge-Eating Störung kommt es regelmäßig zu Heißhunger-Attacken. Häufig berichten Betroffene auch von Sorgen um Gewicht und Figur.

Frauen sind häufiger von Essstörungen betroffen als Männer. In Europa leiden ungefähr 0.9 - 2 % an Anorexia Nervosa, 1 - 2 % an Bulimia Nervosa und ungefähr 1.6 - 2 % an der Binge-Eating-Störung. In Europa sind 0.3 - 0.7 % der Männer von Essstörungen betroffen. Insgesamt sind in Deutschland rund 0.9 % der Menschen von Essstörungen betroffen.

Körperdysmorphe Störung

Menschen, die von einer Körperdysmorphen Störung betroffen sind, machen sich übermäßige Sorgen über einen oder mehrere vermeintliche „Makel“ ihres Körpers oder Gesichts. Dieser „Makel“ wird von anderen entweder gar nicht oder nur geringfügig wahrgenommen. Häufig finden es die Betroffenen schwierig zu erkennen, dass sie in der Realität nicht entstellt aussehen (Phillips, 2004). Die Sorgen um den jeweiligen „Makel“ nehmen oft sehr obsessive Züge an, werden als schwierig kontrollierbar und sehr zeitaufwendig beschrieben. Die meisten Betroffenen mit einer Körperdysmorphen Störung zeigen zudem zwanghaftes Verhalten um den wahrgenommenen „Makel“ zu kontrollieren, zu verstecken oder zu verschönern bzw. zu behandeln (Phillips, McElroy, Keck, Pope, & Hudson, 1993; Phillips, Menard, Fay, & Pagano, 2005).

Eine Unterform der Körperdysmorphen Störung stellt die Muskeldysmorphie dar, die vor allem Männer betrifft (Olivardia, 2007). Diese Störung betrifft die Sorge, dass der eigene Körper nicht muskulös genug ist (Pope, Gruber, Choi, Olivardia, & Phillips, 1997). Das Kardinalsymptom ist das zwanghafte und exzessive Bodybuilding und Gewichtheben und strikte Einhaltung von Trainings- bzw. Diätplänen sowie die Einnahme von leistungssteigernden Substanzen wie anabolen Steroiden. Auch bei der Muskeldysmorphie ist ein häufiges Kontrollieren des eigenen Aussehens und Körpers vor dem Spiegel oder eine komplette Vermeidung des eigenen Körpers kennzeichnend.

Literatur

Cash, T. F. (2004). Body image: Past, present, and future. Body Image, 1(1), 1-5.
https://doi.org/10.1016/S1740-1445(03)00011-1

Cash, T. F. (2011). Cognitive-behavioral perspectives on body image. In T. F. Cash & L. Smolak (Eds.), Body image: A handbook of science, practice, and prevention (p. 39–47). Guilford Press.

Cordes, M., Bauer, A., Waldorf, M., & Vocks, S. (2015). Körperbezogene Aufmerksamkeitsverzerrungen bei Frauen und Männern: Potenzieller Risikofaktor für die Entstehung und Aufrechterhaltung eines gestörten Körperbilds. Psychotherapeut, 60(6), 477–487.
https://doi.org/10.1007/s00278-015-0058-z

Cserjési, R., Vermeulen, N., Luminet, O., Marechal, C., Nef, F., Simon, Y., & Lenard, L. (2010). Explicit vs. implicit body image evaluation in restrictive anorexia nervosa. Psychiatric Research, 175(1-2), 148-153.
https://doi.org/10.1016/j.psychres.2009.07.002

Fairburn, C. G., Cooper, Z., & Shafran, R. (2003). Cognitive behaviour therapy for eating disorders: A "transdiagnostic" theory and treatment. Behaviour Research and Therapy, 41(5), 509-528.
https://doi.org/10.1016/s0005-7967(02)00088-8

Hilbert, A. & Tuschen-Caffier, B. (2005). Body-related cognitions in binge eating disorder and bulimia nervosa. Journal of Social and Clinical Psychology, 24, 561-579.
https://doi.org/10.1521/jscp.2005.24.4.561

Jacobi, C., Hayward, C., de Zwaan, M., Kraemer, H. C., & Agras, W. S. (2004). Coming to terms with risk factors for eating disorders: Application of risk terminology and suggestions for a general taxonomy. Psychological Bulletin, 130(1), 19-65.
https://doi.org/10.1037/0033-2909.130.1.19

Keel, P. K., Klump, K. L., Miller, K. B., McGue, M., & Iacono, W. G. (2005). Shared transmission of eating disorders and anxiety disorders. International Journal of Eating Disorders, 38(2), 99-105.
https://doi.org/10.1002/eat.20168

Nikodijevic, A., Buck, K., Fuller-Tyszkiewicz, M., de Paoli, T., & Krug, I. (2018). Body checking and body avoidance in eating disorders: Systematic review and meta-analysis. European Eating Disorders Review, 26(3), 159-185.
https://doi.org/10.1002/erv.2585

Olivardia, R. (2007). Muscle Dysmorphia: Characteristics, Assessment, and Treatment. In J. K. Thompson & G. Cafri (Eds.), The muscular ideal: Psychological, social, and medical perspectives (p. 123–139). American Psychological Association.
https://doi.org/10.1037/11581-006

Phillips K. A. (2004). Body dysmorphic disorder: Recognizing and treating imagined ugliness. World Psychiatry, 3(1), 12–17.

Phillips, K. A., McElroy, S. L., Keck, P. E., Pope, H. G., & Hudson, J. I. (1993). Body dysmorphic disorder: 30 cases of imagined ugliness. The American Journal of Psychiatry, 150(2), 302–308.
https://doi.org/10.1176/ajp.150.2.302

Phillips, K. A., Menard, W., Fay, C., & Pagano, M. E. (2005). Psychosocial functioning and quality of life in body dysmorphic disorder. Comprehensive Psychiatry, 46(4), 254-260.
https://doi.org/10.1016/j.comppsych.2004.10.004

Pope, H. G., Jr., Gruber, A. J., Choi, P., Olivardia, R., & Phillips, K. A. (1997). Muscle dysmorphia. An underrecognized form of body dysmorphic disorder. Psychosomatics, 38(6), 548-557.
https://doi.org/10.1016/s0033-3182(97)71400-2

Schneider, N., Frieler, K., Pfeiffer, E., Lehmkuhl, U., & Salbach‐Andrae, H. (2009). Comparison of body size estimation in adolescents with different types of eating disorders. European Eating Disorders Review, 17, 468-475.
https://doi.org/10.1002/erv.956

Steinfeld, B., Waldorf, M., Bauer, A., Huber, T., Braks, K., & Vocks, S. (2018). Körperbezogenes Vermeidungsverhalten: Validierung des deutschsprachigen Body Image Avoidance Questionnaire (BIAQ) an Jugendlichen mit Anorexia und Bulimia Nervosa sowie einer gesunden Kontrollgruppe. Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie, 68, 126–136.
https://doi.org/10.1055/s-0043-116848

Stice, E. (2002). Risk and maintenance factors for eating pathology: A meta-analytic review. Psychological Bulletin, 128(5), 825-848.
https://doi.org/10.1037/0033-2909.128.5.825

Thompson, J. K., Heinberg, L. J., Altabe, M., & Tantleff-Dunn, S. (1999). Exacting beauty: Theory, assessment, and treatment of body image disturbance. Washington, DC, US: American Psychological Association.

Tuschen-Caffier, B., Bender, C., Caffier, D., Klenner, K., Braks, K., & Svaldi, J. (2015). Selective visual attention during mirror exposure in anorexia and bulimia nervosa. PLoS ONE, 10(12): e0145886.
https://doi.org/10.1371/journal.pone.0145886

Tuschen-Caffier, B., Vögele, C., Bracht, S., & Hilbert, A. (2003). Psychological responses to body shape exposure in patients with bulimia nervosa. Behaviour Research and Therapy, 41(5), 573-586.
https://doi.org/10.1016/s0005-7967(02)00030-x

Vocks, S., Legenbauer, T., Wächter, A., Wucherer, M., & Kosfelder, J. (2007). What happens in the course of body exposure? Emotional, cognitive, and physiological reactions to mirror confrontation in eating disorders. Journal of Psychosomatic Research, 62(2), 231-239.
https://doi.org/10.1016/j.jpsychores.2006.08.007